Dienstag, 29. September 2009

Philosophie über der Wollkiste

Früher habe ich alles verhandarbeitet. Das liegt irgendwie in der Familie; bloß nichts wegwerfen, da kann man noch was draus machen. Meine Oma hat zig riesige Wolldecken gehäkelt, ohne auch nur ein Knäul Wolle dafür zu kaufen. Und wenn ich etwas vorhatte, bin ich zur Woll- oder Stoffkiste gegangen, habe geschaut, was da ist, und das verarbeitet. Später, als die Wünsche spezifischer (= schwärzer) und die Projekte größer wurden, habe ich mich bei eBay mit dem nahezu billigsten eingedeckt, was angeboten wurde. Aus solchen NoName-Schnäppchen wurden teilweise echt schöne Sachen.. zum Beispiel Laminaria, welches mittlerweile gerne mal Fäden zieht oder der grüne Pollunder mit dezentem Lochmuster (mein erstes Lochmuster überhaupt), den einmal zu oft waschen in Größe 128 verwandelt hat. Was hab ich mich geärgert. Das Einzige, wobei ich mich noch nie lumpen ließ, war Sockenwolle. Da musste es schon die gute von Regia sein und das zahlt sich auch nach Jahren des tragens noch aus.

Seit Gail hat bei mir allerdings ein generelles Umdenken stattgefunden. Das war das erste Mal, dass ich (für meine Verhältnisse) richtig teure Wolle gekauft habe und wie schonmal erwähnt, es macht wirklich einen Unterschied. Das Garn war so flauschig, mit regelmäßigem Maschenbild und einem tollen Ergebnis. Auch die Wolle der Celtic Lace Stole verstrickt sich wie Zuckerwatte und man hat das Gefühl, als wüsste das Garn die Mühe und Arbeit zu schätzen, die man investiert, um aus ihm ein tragbares Teil zu machen.
So auch bei meinem neuen, leider noch geheimen Projekt. Ich sage nur soviel, 70% Merino und 30% Seide, für das Geld hätte ich fast zwei Wochen in der Mensa essen gehen können. Aber sollte ich jemals damit fertig werden (das Muster treibt mich durch seine Eintönigkeit bestimmt noch in den Wahnsinn), wird es richtig gut, das sehe ich jetzt schon. Und die Qualität der Wolle trägt wirklich zum Strickspaß bei, glaubt mir. Ich denke mir, lieber ein Teil weniger im Jahr gestrickt, dafür aber ein bisschen mehr Geld und Sorgfältigkeit investiert, als die Bekanntschaft mit mieser Qualität zu bombardieren, die weder beim stricken noch beim tragen Freude bereitet. Solche Teile liegen am Ende nur zu Hause rum, weil sie kratzen, beim tragen abfärben oder nicht die Form behalten. Man ist froh, wenn sie fertig sind und man sie endlich los ist, und gleichzeitig ärgert man sich irgendwie über die Zeit, die man reingesteckt hat, obwohl es einem eigentlich gar nicht wirklich gefällt.

Das mag verwöhnt klingen, ist es vielleicht auch ein wenig, aber handarbeiten ist mein Hobby und Hobbies sollen Spaß machen. Ich will tragbare Teile produzieren, will, dass sie auch getragen und liebgehabt werden, dass der Beschenkte sich an den Macher erinnert, Komplimente dafür bekommt und sich freut. Und dazu tragen nicht nur die Fähigkeiten des Strickenden und die Sorgfältigkeit der Ausführung bei, sondern auch entscheidend die Qualität der Wolle.

Meine Meinung. Jetzt hätte ich gerne eure :)

3 Kommentare:

  1. Du hast absolut Recht. Ich verwurste zwar eigentlich fast alles an Stoff und Bastelkram, das mir in die Hände fällt, aber besonders gutes Material (z.B. tolles Schmuckpapier beim Buchbinden ist was viiel Tolleres als das ewige Packpapier, so viel Understatement das auch haben mag) ist doch ein ganz anderes Kapitel, macht noch mal mehr Spaß und gehört irgendwie zu dem bisschen Luxus dazu, den man sich ab und an mal gönnen sollte. Jawohl, mehr Luxus durch anständige Materialien beim Handarbeiten!

    (Und falls du dich jetzt wunderst, wer ich bin: Bronwen aus dem N&S-Forum. Vielleicht trifft man sich ja ab Oktober mal in der Uni.)

    AntwortenLöschen
  2. Ich kann dir da nur beipflichten. Es ist ja immer so: Je erfahrener man in einem Gebiet wird, desto anspruchsvoller wird man dabei auch - egal ob man etwas als Hobby oder Lebensunterhalt betreibt. Jemand der seit 5 Jahren Skateboard im Park fährt, wird das nur sehr ungern auf einem Regalbrett mit drangeschraubten Rädern eines Einkaufswagen tun. Von daher ist es normal und gut so: Sonst würde man sich nicht weiterentwickeln!

    AntwortenLöschen
  3. Ich bin gespannt wie Oskar, wie die Wolle sein wird, die ich am Wochenende bestellt hab. Aber wenn ich mir Gail so betrachte, kann ich dir nur beipflichten. Und es fängt ja schon bei den Nadeln an. Macht einfach mehr Spaß mit gutem Equipment. Das ist bei Musik ja auch nicht anders. Fühlt sich beim Machen besser an und klingt besser. :P

    Derweil *ähem*:

    'Warten auf Wolle'

    Klickklick. Die Auswahl quält.
    Klickklick. Entscheidung fällt.
    Klickklick. Schnell bestellt.
    KlickKlick. Hinfort das Geld.

    Ticktack. Es kommt ein Tag.
    Ticktack. Es geht ein Tag.
    Ticktack. Ein Zittern naht.
    TickTack. Ein Surrogat.

    Rischelraschelrestgewühl
    Polyester und Acryl
    künstlichfalsches Flauschgefühl
    hält mir meinen Kopf jetzt kühl.
    Greif zur Tat ganz ohne Ziel:
    Das wird ein traurig Nadelspiel.

    Klickklack. Die Masche hüpft.
    Klickklack. Die Nadel schlüpft.
    Klickklack. Da ist zum Deibel schon,
    die ganze sinnlose Aktion.

    Denn ich wart auf 'ne Kiste,
    'ne große und volle.
    mit wunderweich-wuschelnder wallender Wolle.
    Ich warte versonnen
    auf Tonnen von Wonnen
    verpackt ganz diskret
    in ein Papppaket.

    Wochen gehen, kein Plaisir,
    kein Brief, kein Klingeln an der Tür,
    die Zeit der Wartenden verstreicht,
    wie eine Katz' dir um die Beine schleicht.
    Schließlich kommt der Postverteilerfatalist,
    wenn du nicht zu Hause bist.
    Die Karte springt dir in die Hände:
    Abholung - nach dem Wochenende.

    AntwortenLöschen

Vergesst nicht, dass die Kommentare erst zu sehen sind, nachdem ich sie freigeschaltet habe. Das dient sowohl eurem als auch meinem Schutz (vor allem vor Spambots).